"Europa hat nur einig eine gemeinsame Zukunft oder uneinig gemeinsam keine Zukunft!"
13. April 2019
Auch das zweite „Pulheimer Generationengespräch“ zum Thema „Europa“ innerhalb von zwei Monaten stieß auf großes Interesse. Siegbert Renner, Vorsitzender der Senioren Union Mittelrhein, konnte am 13. April 2019 nicht nur zahlreiche Gäste im gut besetzten kleinen Saal des Kultur- und Medienzentrums begrüßen, sondern auch drei Redner aus drei verschiedenen Generationen: den langjährigen Außenpolitiker Karl Lamers (83), den Europa-Abgeordneten Axel Voss (55) und den Vorsitzenden der Jungen Union Pulheim, Tim Ingenhaag (21). Das Thema lautete diesmal: „Europa: Unser Anker in einer Welt im Umbruch!“.
Karl Lamers, von 1990 bis 2002 außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ließ schon zu Beginn seiner Ausführungen keine Zweifel an seiner Haltung zur europäischen Union aufkommen: „Entweder haben alle Europäer einig eine gemeinsame Zukunft, oder sie haben alle gemeinsam keine Zukunft!“
Es sei kein Wunder, dass angesichts des rasanten Globalisierungstempos der Wunsch nach Beständigkeit und Bewahrung aufkomme. Lamers warnte jedoch eindringlich davor, Populisten – die er „regressive Nationalisten“ nannte – auf den Leim zu gehen in der Hoffnung, grenzüberschreitende „transnationale“ Probleme ließen sich durch einen Rückzug auf nationale Politik bewältigen. Ein zusammenwachsendes Europa sei die einzige Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung. Lamers schloss mit dem Appell, die „uneinige Welt“ anzunehmen und Europa kraftvoll zu gestalten.
Axel Voss, Mitglied des Europäischen Parlaments und Kandidat bei den kommenden Europawahlen am 26. Mai, nannte vor allem Digitalisierung und Globalisierung als Treiber eines tiefgreifenden Wandels. Probleme bereite dabei nicht nur der Umgang mit einer Fülle persönlicher digitaler Daten, sondern auch die schiere Geschwindigkeit der Veränderungen, mit denen die Politik kaum Schritt halten könne. Auch die öffentliche Diskussion werde in der digitalen Welt nicht unbedingt einfacher: „In sozialen Medien zählen Sachargumente wenig“, konnte der Abgeordnete anhand persönlicher Erfahrungen aus jüngster Zeit berichten. Voss plädierte für mehr gemeinsame europäische Antworten auf Fragen, die alle Länder der EU gleichermaßen betreffen: insbesondere die Außenpolitik, die Asylpolitik und die Sicherheitspolitik. Auch die Energiepolitik brauche mehr europäische Gemeinsamkeit.
Tim Ingenhaag, Vorsitzender der JU und stellvertretender Vorsitzender der CDU Pulheim, wies in seinem Beitrag auf die Diskrepanz zwischen Einstellung und Wahlverhalten junger Menschen zu europäischen Fragen hin: Zwar seien 77 % der unter 24-Jährigen in Großbritannien für die EU, doch zeige die Gruppe der unter 30-Jährigen bei Europawahlen regelmäßig die schwächste Wahlbeteiligung aller Altersklassen. Es komme daher darauf an, die Selbstverständlichkeit, mit der junge Leute den Wohlstand und die Errungenschaften des modernen Europas hinnähmen, zu überwinden. Dazu schlug Ingenhaag drei Punkte vor: zum einen mehr Regionalität, also die Verdeutlichung der Vorteile Europas in den Kommunen. Zum anderen mehr Transparenz, die die Motive europäische Initiativen deutlicher darlege. Und schließlich eine Vision, die über das Tagesgeschäft hinaus eine klare Perspektive für Europa aufzeige.
In der anschließenden Diskussion unter der Leitung von Markus Lingen wurde die Frage der Stärkung des deutsch-französischen „Kern-Europas“ ebenso thematisiert wie neue Strategien zur Versachlichung der Europa-Diskussion in den Sozialen Medien oder der Brexit. Dabei gab es so zahlreiche und engagierte Diskussionsbeiträge, dass Markus Lingen die Veranstaltung erst deutlich nach dem vorgesehenen Ende und mit einem besonderen Dank an die drei Referenten schließen konnte.